290614

Die Decke riecht nach meinem Dad.
Sie riecht nach dem Waschmittel, das er vor seinem Tod benutzt hat und sie riecht nach dem, was damals in mir zerbrochen ist und nie wieder ganz wurde.

Der dunkelrote Nagellack von Nivea; so teuer, dass es sich dekadent anfühlte, ihn zu kaufen. Und dann warf ich ihn weg, weil er im Licht der Intensivstation wie geronnenes Blut an meinen Nägeln klebte, träge abblätternd; Herbstlack im Hochsommertod.
Die Dunkelheit, die mit zu vielen Stundenkilometern am Auto vorbei raste, während es vor uns schon wieder hell wurde; ein Parkplatz, auf dem ich mich noch mehr verlor und barfuß lief, weil ich wenigstens etwas spüren wollte, um das Sterben in mir nicht zu spüren.
Das ewige Schlafen wollen, um nicht mehr da zu sein; solange ich nicht existiere, hört auch alles andere auf zu sein.

Ich kann mich an diese Kleinigkeiten erinnern, die sich wie Puzzlestücke anfühlen, obwohl ich die Gesamtheit nicht erkenne.
Ich habe das Gesicht des Arztes vergessen, der mir sagte, dass mein Dad nicht wieder aufwachen wird. Er kann jedes Alter und jede Stimme gehabt haben; nichts davon blieb mir im Kopf. Nur die Stille, mit der er auf verzweifelte Scherze antwortete und dass er nicht weg sah, als wir merkten, dass ich gleich weinen werde.
Und daran, dass er mich alleine ließ mit dem Piepsen und Fauchen der Maschinen, mit dem Tropfen und dem Tod, der schon über meinem Dad lag.

Ich weiß, dass sie über mich redeten. Dinge, die man so sagt; so jung, solch ein Schicksal und ob sie das schaffen würde. Meine Distanz zu dieser sie, von der sie sprachen und die nicht ich war, in der ich mich nicht finden konnte.

Ich spüre Abwesenheit meines Vaters wie ein Loch in meinem Sein. Es ist wie ein Teil, der mir fehlt und der nicht wieder kommen wird.
Ohne ihn bin ich nie wieder ganz ich geworden.

Das ist scheiße.

Ein Gedanke zu „290614

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